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Down Under - Das Northern Territory

Wie ich so über dem Atlas grübele, welches asiatische Land ich denn dieses Jahr bereisen könnte, rutscht mein Blick tiefer nach Australien. Szenen aus Crocodile Dundee gehen mir durch den Sinn. "Schweineteuer" sagen Bekannte, die letztes Jahr dort waren. Was soll's, jedes Jahr Schlitzaugen, Exotik und Malariatabletten in Asien, das ist fast wie jedes Jahr Urlaub auf Sylt, Abwechslung braucht der Mensch.Middle of nowhere

5 Wochen für einen ganzen Kontinent, da muss man schon Abstriche machen, und so beschränke ich mich auf den Norden (eben wegen Crocodile Dundee) und die Ostküste. Die Billigflieger steuern in der Regel nur Sydney an, so dass sich für meine Zwecke das etwas teurere Quantas-Ticket mit den beiden kostenlosen Inlandsflügen anbot. Über Land fährt Greyhound in bequemen Bussen alle interessanten Orte an, und Mitfahrgelegenheiten findet man in jeder Unterkunft.

Ankunft an einem Sonntag in Darwin, eine verschlafene Kleinstadt im Hochsommer: Ausgestorben, trostlos, drückende Hitze. Aber von da an gefällt mir Australien mit jedem Tag besser. Weites Land, Natur pur und die Menschen locker, freundlich und hilfsbereit. "No worries, enjoy yourself" ist hier ein geflügeltes Wort und ein Lebensmotto.

Im Kakadu-Nationalpark kommt der Vogelfreund auf seine Kosten. Bei der Bootstour auf dem Yellow Water begleiten uns Pelikane, ein Kormoran fängt direkt neben dem Boot seinen Frühstücksfisch und verschlingt ihn in einem Haps. Seeadler, Lotusvögel, leuchtend blaue Kings Fischer zum Greifen nah, die meisten Vogelarten kenne ich erst gar nicht. Krönung sind natürlich die Salzwasserkrokodile, deren Köpfe träge im Wasser treiben. Aboriginal Painting Ein besonders schläfriges döst in der Sonne am Ufer und hat nach dem Gähnen vergessen, das gelbe Maul zu schließen. Die Kultur kommt auch nicht zu kurz, am Nourlangie und Ubir Rock zeugen die Felszeichnungen der Aborigines von deren Jahrtausende alten Traditionen. Alles in den Schatten stellt aber der Einsatz unseres Busfahrers. Mitten auf der Straße ein Stop, er springt aus dem Bus, jagt hinter einem katzengroßen hüpfenden Wesen her und fängt es ein. Eine große Krageneidechse (Frilled Neck Lizzard), wie ein Relikt aus der Urzeit, ist völlig verschreckt und posiert willig fürs Fotoalbum. Treckingtouren mit Buschwanderungen und Abkühlung unter Wasserfällen werden überall für teure Dollars angeboten, führen dann auch in den Busch, den man vom Bus aus oder zu Fuß nie sehen wird.

Hier liegt auch der Kostenfaktor, der das große Loch in die Reisekasse reißt. Ohne fahrbaren Untersatz ist man auf die Ausflugstouren angewiesen, denn Sehenswürdigkeiten werden in der Regel von Greyhound oder lokalen Bussen nicht angefahren. Kein Problem, wenn man viel Zeit mitbringt, dann findet sich fast immer ein Traveller mit eigenem Wagen, der sich gerne die Spritkosten teilt. Hat man einen knapp bemessenen Zeitplan, so gilt in abgewandelter Form das Sprichwort "Zeit ist Geld", wer's eilig hat muss zahlen. Ansonsten ist Australien eher billig. In den Backpackers, mit Swimmingpool und Küchenbenutzung meist besser ausgestattet als die Jugendherbergen, gibt's Übernachtungen ab 15 Aussie-Dollar (knapp 10 Euro). Die Lebensmittelpreise in den großen Supermärkten würden das Herz einer jeden deutschen Hausfrau erwärmen, als Selbst-Verpfleger lebt sich's paradiesisch. Aber selbst ein saftiges T-Bone-Steak vom Barbecue mit großer Salatauswahl - ein nationales Leibgericht - ist recht preiswert.

Doch zurück zu den Schönheiten des Northern Territories. Meterhohe Termitenhügel säumen den Highway südwärts nach Katherine, einem kleinen Kaff mit einer First Street, einer Second Street und einer Third Street, aber dem unvermeidlichen riesigen Woolworth-Shopping- Centre. Katherine GorgesHauptattraktion hier sind die Katherine Gorges, dreizehn aufeinanderfolgende imposante Schluchten mit 40-50 m hohen steilen Felswänden, ideal für eine Kanutour. Das Wasser fließt träge, ähnelt mehr einem See, so dass man ohne Schwierigkeiten stromauf paddeln kann. Am Ufer versteckte Wasserfälle, unter denen ein erfrischendes Bad lockt, der Fluss selbst hat mindestens Badewannentemperatur. Zwischen den einzelnen Schluchten winzige Stromschnellen, stromauf muss das Kanu gezogen werden, stromab schaffen es ein paar Unglücksraben sogar zu kentern, wenigstens kein Kälteschock im Wasser.

Zum Baden locken aber eher die Thermalquellen bei Mataranka, ein natürlicher Felspool unter Palmen, in denen Hundertschaften fliegender Hunde hängen oder quiekend herumflattern. Auf dem Weg dorthin ein Stop bei den Cutta-Cutta-Caves, Kalksteinhöhlen, zwischen deren oberirdischen schwarzen Felsblöcken riesige Heuschreckenschwärme auf den Wanderer prallen.

Auf dem Weg ins rote Zentrum im Herzen Australiens folgt ein weniger vergnügliches Kapitel in Sachen Busfahren. 1500 km im Bus, abschreckend genug, erst ein harmloser geplatzter Reifen, dann um Mitternacht ist die gesamte Elektrik hin, kein Licht, kein Aircondition, Endstation für diesen Bus. Der nächste kommt gegen 4 Uhr morgens, chaotische Verteilung der wenigen freien Plätze. Den Anschlussbus zum Ayers Rock haben wir natürlich doch verpasst. Also alles umbuchen und ein Tag in Alice Springs, no worries, enjoy yourself. Die Royal Flying Doctor Base ist hier stationiert, fliegende medizinische Versorgung für das Outback. Im Opalmuseum kann man sich über den Wert der verschiedenen Opalarten aufklären lassen und beim Schleifen zusehen. Am Swimmingpool spielt gute Musik und Samstag abends beim Barbecue gibt's kostenlose Hot Dogs, also doch ein ganz netter Zwangsstop hier.

Devils MarblesIch dachte, hier in der Wüste regnet's gar nicht, aber mein erstes Erlebnis in Alice Springs ist ein kräftiger Regenschauer, nach 10 Minuten allerdings knallt die Sonne wieder unbarmherzig. Ohne Hut kann man sich hier, wie auch schon im Norden, nicht ins Freie wagen, sonst sind die Kopfschmerzen gleich vorprogrammiert. Aber anders als im schwül-stickigen Darwin ist die Hitze hier erträglich, denn die Luft ist trocken, und es weht ein leichter Wind. Die Vegetation ist erstaunlich üppig, teilweise ist der rote Boden moosartig mit hartem Spinifax-Gras überzogen, dazwischen hundertjährige Desert Oak Trees und Mulga-Sträucher. Aus deren harten Ästen fertigten die Aborigines Waffen, oder sie verbrannten sie und rieben sich zur Körperreinigung mit der Asche ein, als das Wasser noch nicht täglich aus dem Wasserhahn kam.

Anderntags noch mal 500 km bis Yulara, denn entgegen der verbreiteten Vorstellung (falls die Leute überhaupt eine haben) liegt mein Ziel, der Ayers Rock, nicht bei Alice Springs, sondern nach deutschen Maßstäben weit entfernt, für Australien allerdings ein Katzensprung. Wozu fährt man nun fast 2000 km im Bus durch mehr oder weniger gleichbleibende Landschaft? Um einen Felsklotz mitten in der Wüste anzustaunen? Man muss wohl selbst das wechselnde Farbspiel dieses gewaltigen Monoliths beim Sunset beobachtet haben, um seine Anziehungskraft zu verstehen. Er sieht schon irre aus, ein gewaltiger leuchtend roter Brocken inmitten völlig flachen Landes. Die Farbe rührt von der Oxidation des eisenhaltigen Sandsteins her.

Am nächsten Morgen kommt der sportliche Teil, die Besteigung des Uluru, wie der Ayers Rock bei den Aborigines heißt. Gewaltig steil sieht's von unten aus, in den Berg ist eine Kette zum Festhalten eingelassen. Schwitzen müssen wir aber nicht, denn es weht ein kräftiger Wind. Der Rock ist gar nicht so massiv, wie es von weitem aussieht, tiefe Schluchten und Löcher sind eingekerbt. Selbst oben am Gipfel halten sich ein paar einsame Sträucher und ein paar Wasserpfützen. Die Olgas Der Blick während des Aufstiegs und oben angelangt ist einfach toll. In der Ferne liegen wie ein Murmelhaufen die Olgas, 64 große und kleine rote Felshügel, durch Erosion aus einem einzigen großen Felsbrocken ähnlich dem Rock entstanden. "Schlangeneier" oder "Kata Tjuta - Große Köpfe" heißen sie bei den Aborigines.

Dem Grad ihrer Berühmtheit entsprechend gut besucht ist das hiesige Touristik-Resort Yulara, das genau genommen nur aus zwei riesigen Hotelkomplexen und einem Campingplatz besteht. Eine Viertel Million Besucher im Jahr werden hier durchgeschleust, Tageskapazität 6000 - 7000 Personen. So abschreckend das klingt, selten habe ich eine Hotelanlage gesehen, die so idyllisch in die Landschaft eingebettet ist, Flachbauten verteilt über große Parkflächen. Ein einziger Architekt war hier am Werk, vielleicht ist es deshalb so gelungen. Hier stößt man dann natürlich auch unvermeidlich auf die wohlbehüteten Reisegesellschaften: Raus aus dem Bus, Foto, rein in den Bus. Doch die beschränken sich auf die Hauptattraktionen, den Rock und die Olgas, die zahlreichen Naturschönheiten in der weiteren Umgebung werden weit weniger angefahren, denn dazu muss man Zeit mitbringen.

In den MacDonnell Ranges liegen zahlreiche Schluchten mit großartigen Felsformationen, in Palm Valley trotzen seit Jahrtausenden die Marienpalmen dem trockenen Wüstenklima, der King's Canyon kann seinen amerikanischen Vettern das Wasser reichen. Dorthin werden auch Campingtouren von Yulara oder Alice Springs angeboten, Outback-Atmosphäre am Lagerfeuer, funkelnder klarer Sternenhimmel und bushtucker (tucker = Essen) gekocht in der Asche des Feuers. In den Canyon steigt man nicht hinab, der Boden der Schlucht liegt auf gleicher Höhe wie die Zufahrt. Die besten Ausblicke bietet die Wanderung um den Canyon entlang seines Randes, da hat man den anstrengenden Teil auch gleich mit dem Aufstieg hinter sich. Oben angelangt fasziniert nicht nur der Blick auf die steilen wie mit dem Messer geschnittenen Felswände sondern auch bizarre Formen auf dem Plateau. Lost City, eine Ansammlung zerfurchter wabenartiger Felsen erinnert an die Hütten eines verlassenen Dorfes, Amphit Theatre an die Ränge eines antiken Theaters. RoadtrainsIm Garden of Eden wachsen Palmen und Farne auf dem Sandboden einer Seitenschlucht.

Weiter geht's im Bus nach Townsville an der Ostküste durch plattes Niemandsland, alle 100 km ein Roadhouse, Entfernungsangaben auf den Straßenschildern spielen sich im 1000 km Bereich ab. Wenig Gegenverkehr, ab und zu einer der riesigen Roadtrains, deren Frontgitter alles plattmacht, was sich ihnen in den wegstellt, davon zeugen auch die Känguru-Kadaver am Wegrand. Belebter wird's erst kurz vor der Küste, hier ist Regenzeit, trübe Wolken hängen am Himmel, Queensland ich komme.

 

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