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Der Trend geht zum Zweitbuch ...
Meine
absolute Lieblingsautorin. Man mag entweder keinen ihrer Krimis oder
alle und am besten in der originalen Reihenfolge. Aber erst nach dem zweiten
oder dritten war ich richtig süchtig - wie früher nur nach der Fernsehserie
'Dallas'. Denn dies sind nicht nur einfach Krimis - spannend und mit subtilem
und durchaus sozialkritischem Hintergrund - sondern zugleich auch eine Art
fesselnde Familiensaga über Inspektor Thomas Lynley und sein berufliches und
privates Umfeld. Und alle diese verschiedenen Charaktere haben ihr Päckchen zu
tragen, da gibt es keine Supergestalt, die ihr Leben locker im Griff hat. Selbst
die nach außen vom Leben Begünstigten schweben nicht mit selbstbewusster
Leichtigkeit durchs Sein. Wie beruhigend für mich, dass ich nicht mit solchem
Ballast durchs Leben reise. Leider schreibt Elizabeth George höchstens ein Buch pro Jahr
(na ja, sonst wären sie sicher auch nicht so gekonnt geschrieben). Und wenn man
dann unbedingt wissen will, ob Thomas Lynley endlich mit seiner Helen glücklich
ist, ob Barbara Havers ihre Beförderung doch noch auf die Reihe kriegt oder ob
Deborah St. James doch noch das lang ersehnte Kind kriegt, prompt spielt die
gerade interessanteste Person im nächsten Band garantiert nicht mit, da im
Urlaub etc. Na gut, warte ich eben wieder ein Jahr länger.
Macht
Lust auf den nächsten Italien-Urlaub! Wer schon mal da war und nicht nur am
Strand gelegen hat, der kann sich auf Commissario Brunettis Spaziergängen und
Vaporetto-Fahrten durch Venedig so richtig in die Atmosphäre alter
italienischer Städte versetzen lassen. Auch bei Donna Leons Krimis geht es
nicht einfach um ein Verbrechen und dessen spannende Auflösung. Die Handlung
lebt vor allem durch Brunettis persönliche Lebenseinstellung und seinen Umgang
mit den eigentlich doch immer unvermeidlichen Niederlagen im Kampf gegen die
Übel der Welt. Bei Donna Leon kriegt jeder gesellschaftliche Missstand Italiens
irgendwann sein Fett ab, aber nicht mit dem erhobenen moralischen Zeigefinger,
sondern so dass Land und Leute einfach nur menschlich und irgendwie doch lebens-
und liebenswert bleiben. Könnte ich mir doch ein Stück vom Laissez Faire des
Commissario abschneiden, der nicht wie so mancher skandinavische
Literatur-Kollege von Buch zu Buch weiter versinkt in seinem Frust und der
festen Überzeugung, dass die Welt eigentlich immer nur schlechter wird.
Brunetti geht lieber heim zu seinen historischen Büchern, um zu erkennen,
dass alles Schlechte schon mal da war und immer wieder kehrt. Oder zu seiner
Paola, die - obschon so intellektuell und feministisch ambitioniert, dass sie
ihn in einem Band sogar beruflich ganz schön in die Bredouille bringt - doch
immer gerade am Herd etwas Leckeres zusammenrührt. Doch am liebsten wäre ich
natürlich so souverän wie Signorina Elettra, die nach ihren eigenen Gesetzen
und mit großem Blumenetat lebt.
Genau
die richtige Lektüre für Liebhaber historischer Krimis. Ich mag sie einfach,
diese nostalgische Atmosphäre des unerschütterlichen alten Englands, obwohl
ich ganz bestimmt nicht da leben wollte. Und Serien sind nun mal mein Ding, denn
wenn mir die Hauptfigur gefällt, dann will ich mehr, mehr, mehr. Auch bei Kate
Ross, deren Stories in der Regency Periode spielen, ist der liebenswerte Held
Julian Kestrel natürlich die Anti-Figur der damaligen gehobenen Gesellschaft.
Das wollen wir doch irgendwie alle, uns positiv abheben von den
Lächerlichkeiten des jeweiligen Zeitgeistes und trotzdem dazu gehören. Dazu
versteht die Autorin es auch, Spannung aufzubauen, humorvolle Charaktere
einzufügen und mit einer logisch nachvollziehbaren Auflösung zu enden. Leider
bleibt es bei nur vier wirklich lesenswerten Abenteuern des Julian Kestrel, und
mein Wunsch nach seinem persönlichen Happy End wird sich nie erfüllen, da Kate
Ross viel zu früh verstorben ist.
Wer
einen subtilen, stimmigen und immer wieder überraschenden Krimiplot a la Agatha
Christie sucht, wird bei Anne Perry nur bedingt fündig. Ihre Stärke liegt
darin, den Leser eintauchen zu lassen in die Atmosphäre der viktorianischen
Gesellschaft. Hier fühlt man sich fast bildlich versetzt in ein London des
späten 19. Jahrhunderts. Verpackt in eine phasenweise spannende Handlung
zeichnet Anne Perry ein detailliertes und zugleich kritisches Bild der
wirtschaftlichen und sozialen Gegebenheiten dieser Zeit und spart auch nicht mit
geschichtlichem Hintergrund- wissen (was in dieser Form mein Langzeitgedächtnis
sicher besser erreicht, als jedes trockene Geschichtsbuch. So unvorstellbar die
Lebensbedingungen der einfachen Bevölkerung und die Sonderstellung der
gehobenen Schicht damals auch war, schlägt man heute die Zeitungen im Politik-
bzw. Wirtschaftsteil auf oder liest die In-Seite über die Schickeria von
München, so geht zwar alles zivilisierter und verdeckter zu, doch der Kern des
menschlichen Strebens hat sich wohl nicht viel geändert. Die zwei Serien um
Inspektor Thomas Pitt oder den Privatdetektiv William Monk leben natürlich auch
mit von der Lebensgeschichte der Hauptfiguren und ihrer nächsten Angehörigen
und Freunde. Beide haben in jedem Buch einen Fall zu klären, während ihre
Ehefrauen in ihrem völlig anderen Wirkungskreis auf merkwürdige Begebenheiten
oder Probleme stoßen. Und, oh wunderbares zufälliges Zusammentreffen, es
stellt sich doch jedes Mal heraus, dass es sich eigentlich um ein und denselben
Fall handelt und der Täter ist sowieso meist der Gärtner, sprich die am
wenigsten wahrscheinliche Person, deren Motiv auf den letzten 10 Seiten noch
schnell ein Motiv kriegt. Aber irgendwie mag ich das, da weiß man doch
wenigstens, was man liest.
Also
die schreibt ja nun wirklich Bücher wie am Fließband! Und getreu dem Motto
Masse statt Klasse ist auch einiges dabei, was nicht allzu weit über der
Kategorie Groschenroman einzuordnen ist, vor allem ihre Sammelbände 'Love
Affairs xx'. Trotz dieser Vorbehalte muss ich mich irgendwie doch als
eingeschränkter Nora Roberts Fan outen. Die meisten ihrer Hauptfiguren sind
trotz diverser seelischer Handicaps oder Traumata (die natürlich am Ende immer
in gegenseitiger Seelenverwandtschaft und Leidenschaft bewältigt werden) so
schön erfolgreich und cool und werfen mit den lockeren Schlagfertigkeiten nur
so um sich. Mir fällt so was leider immer erst abends im Bett ein, nachdem ich
mich schon stundenlang geärgert habe. Die Grundstory ist zwar meist irgendwie
vorhersehbar und für die unumgänglichen 2 - 3 Sex-Szenen hat sie wohl einen
Baukasten-artigen Wörtervorrat. Aber es gibt auch einige durchaus spannende
Bücher, wie 'Die Tochter des Magiers'. Am besten gefallen mir als echtem
Gewohnheitsleser natürlich die Mehrteiler, vor allem die Templeton-Trilogie und
die Irland-Töchter Trilogie. Tja und dann gibt's ja auch noch die Krimis: Als
J.D. Robb ist Nora Roberts auch da voll eingestiegen. In Maßen genossen durchaus
spannend und unterhaltsam, aber gerade was das detailliert geschilderte
Gefühlsleben der Serienheldin anbelangt auf Dauer nervig, da doch immer wieder
aus dem selben verbalen Setzkasten entnommen.